Erste Folge unserer 3-teiligen Serie zu den Incoterms
Wer trägt eigentlich das Risiko, wenn ein Container ins Meer fällt? Oder wenn beim Zoll etwas schiefläuft? Und warum ist „EXW“ nicht automatisch die günstigste Lösung?
In dieser ersten Episode der Incoterms-Trilogie geben wir dir einen fundierten Überblick über das globale Regelwerk für Lieferbedingungen im internationalen Handel – die Incoterms 2020. Wir steigen dabei nicht mit theoretischem Frontalunterricht ein, sondern nehmen dich mit in die Praxis: Welche Klausel passt zu welchem Anwendungsfall? Wann trägt der Käufer die Verantwortung – und wann der Verkäufer? Und wie vermeidest du teure Fehlentscheidungen?
📦 Ob du als Logistiker täglich Container abwickelst oder als Einkäufer nur gelegentlich mit internationalen Lieferungen zu tun hast – diese Folge legt das Fundament für dein Incoterms-Verständnis.
In dieser Folge erfährst du:
- Was die Incoterms regeln – und was ausdrücklich nicht
(Spoiler: Zahlungsbedingungen, Eigentumsübergang oder Qualitätsfragen gehören nicht dazu.) - Wie du die 11 Incoterms in 4 Gruppen aufteilst
E-, F-, C- und D-Klauseln erklärt mit griffigen Beispielen – von eBay-Kleinanzeigen bis zur Containerbeladung. - Warum vermeintlich günstige Bedingungen wie EXW schnell zur teuren Falle werden können
Und wie du durch kluge Wahl von FCA, DDP oder CIF bares Geld, Zeit und Nerven sparst.
Fazit & Ausblick:
Wenn du bei den Begriffen EXW, FOB oder DDP bislang nur Bahnhof verstanden hast – oder dein Wissen mal gründlich auffrischen willst – dann ist diese Folge dein Einstiegspunkt. In Teil 2 tauchen wir tiefer in die wichtigsten Klauseln und deren Fallstricke ein – inklusive Seefracht-Special.
Incoterms 2020 einfach erklärt: Das solltest du über Lieferbedingungen im internationalen Handel wissen
Ob Container, Paletten oder komplexe Maschinen: Im internationalen Handel geht es nicht nur um Produkte, sondern vor allem um Verantwortung. Genau hier kommen die Incoterms ins Spiel. Die aktuellen Incoterms 2020 regeln weltweit, wer welche Risiken, Pflichten und Kosten auf dem Transportweg übernimmt. In diesem Artikel zeigen wir dir, was hinter den 11 Klauseln steckt, warum sie für die Supply Chain so wichtig sind und wie du sie richtig einsetzt.
Was sind Incoterms?
Der Begriff Incoterms steht für „International Commercial Terms“. Es handelt sich um ein weltweit einheitliches Regelwerk, das von der Internationalen Handelskammer (ICC) herausgegeben wird. Ziel ist es, bei internationalen Kaufverträgen Klarheit zu schaffen: Wer organisiert den Transport? Wer haftet im Schadensfall? Und wer trägt die Kosten für Zoll oder Versicherung?
Die Incoterms wurden erstmals 1936 veröffentlicht und zuletzt im Jahr 2020 aktualisiert. Die Incoterms 2020 bestehen aus 11 Klauseln, die sich in vier Gruppen unterteilen lassen. Wichtig: Sie regeln nicht den Eigentumsübergang, keine Zahlungsbedingungen und auch keine Qualitätsstandards. Diese Punkte gehören in den Kaufvertrag.
Die drei Kernfragen der Incoterms 2020
Die Incoterms beantworten im Wesentlichen drei Fragen:
- Wo endet die Lieferpflicht des Verkäufers?
- Wer trägt die Transportkosten?
- Wer haftet bei Verlust oder Beschädigung der Ware?
Je nachdem, wie du diese Fragen beantwortest, solltest du eine entsprechende Incoterms-Klausel auswählen. Grundsätzlich gilt: Je weiter der Verkäufer die Verantwortung trägt, desto kundenfreundlicher (aber oft auch teurer) ist die Lieferbedingung.
Die 4 Gruppen der Incoterms 2020
Die elf Klauseln lassen sich in vier Hauptgruppen gliedern: E, F, C und D. Jede Gruppe steht für einen anderen Verantwortungsschwerpunkt im Transportprozess.
Gruppe E: Ab Werk (EXW – Ex Works)
Der Verkäufer stellt die Ware am eigenen Standort bereit. Alles andere – Transport, Versicherung, Risiko – trägt der Käufer. EXW ist eine der einfachsten, aber auch risikoreichsten Klauseln für den Käufer. Ein anschauliches Beispiel: Du holst etwas bei eBay Kleinanzeigen ab. Der Verkäufer übergibt dir das Produkt an der Tür – alles weitere liegt in deiner Verantwortung.
Gruppe F: Transportkostenfrei (FCA, FAS, FOB)
Hier trägt der Verkäufer den Aufwand bis zur Übergabe an den ersten Transporteur. Danach ist der Käufer am Zug. Die drei Varianten im Überblick:
- FCA (Free Carrier): Ideal für Landverkehr. Der Verkäufer liefert an einen vereinbarten Ort oder an einen Carrier.
- FAS (Free Alongside Ship): Nur für Seefracht. Die Ware wird neben das Schiff gestellt.
- FOB (Free On Board): Ebenfalls für Seefracht. Risikoübergang erfolgt, wenn die Ware an Bord des Schiffs ist.
Gruppe C: Kostenübernahme durch den Verkäufer (CPT, CIP, CFR, CIF)
In dieser Gruppe bezahlt der Verkäufer den Haupttransport. Das Risiko für Verlust oder Beschädigung geht jedoch früher auf den Käufer über.
- CPT (Carriage Paid To): Transportkosten bis zum Bestimmungsort zahlt der Verkäufer.
- CIP (Carriage and Insurance Paid To): Wie CPT, aber inklusive Mindestversicherung.
- CFR (Cost and Freight): Nur für Seefracht. Verkäufer zahlt Kosten und Fracht.
- CIF (Cost, Insurance and Freight): CFR plus Versicherung.
Gruppe D: Lieferung bis zum Zielort (DAP, DPU, DDP)
Die D-Gruppe steht für maximale Kundenorientierung: Der Verkäufer trägt nahezu alle Lasten.
- DAP (Delivered at Place): Lieferung bis zum benannten Ort, ohne Entladung.
- DPU (Delivered at Place Unloaded): Lieferung inklusive Entladung. (Neu in 2020: früher DAT genannt)
- DDP (Delivered Duty Paid): Rundum-sorglos-Paket für den Käufer. Inklusive Zoll, Steuern, Einfuhr.
Multimodal oder seefracht-spezifisch?
Nicht alle Incoterms lassen sich überall anwenden. Vier Klauseln – FAS, FOB, CFR, CIF – sind ausschließlich für die Seefracht vorgesehen. Die übrigen sieben gelten multimodal, also für Straßen-, Schienen- und Luftverkehr gleichermaßen.
Was hat sich 2020 geändert?
Im Vergleich zur Version von 2010 wurden in den Incoterms 2020 folgende Änderungen vorgenommen:
- DAT wurde zu DPU: Die Entladung muss nicht mehr zwingend in einem Terminal erfolgen.
- CIP verlangt eine umfassendere Versicherung: Ideal bei teurer oder empfindlicher Ware.
- FCA mit On-Board-Konossement: Mehr Flexibilität bei der Dokumentenerstellung, selbst wenn keine direkte Verladung aufs Schiff stattfindet.
Warum du die Incoterms 2020 kennen solltest
Viele Logistikfehler passieren, weil Incoterms falsch interpretiert oder leichtfertig gewählt werden. Der Klassiker: Ein scheinbar günstiger EXW-Preis wird durch hohe Zusatzkosten für Abholung, Zoll und Transport zum Boomerang. Auf der anderen Seite kann DDP teuer sein, wenn der Verkäufer wenig Logistikkompetenz besitzt oder schlechte Raten bekommt.
Die Wahl der passenden Klausel sollte daher immer individuell erfolgen:
- Wie oft kaufst du international ein?
- Kennst du dich mit Fracht, Zoll & Einfuhr aus?
- Hast du eigene Speditionsverträge oder Versicherungen?
Eine durchdachte Incoterms-Strategie kann deine Kosten senken, Risiken minimieren und deine Supply Chain effizienter machen.
Praxis-Tipp: So findest du die passende Klausel
Wenn du zwei der drei Kernfragen mit „Verkäufer“ beantworten willst (Lieferpflicht & Risiko), bist du bei C- oder D-Klauseln gut aufgehoben. Willst du mehr Kontrolle oder bist selbst logistikstark, könnten F- oder sogar E-Klauseln sinnvoller sein.
Beispiel: Ein Spezialmaschinenhersteller verkauft regelmäßig ins Ausland. Er kennt die besten Reedereien und bietet CIF an. Der Kunde spart sich Mühe und kann sich auf eine reibungslose Lieferung verlassen.
Andersherum: Ein erfahrener Importeur mit eigenen Raten kauft EXW ein und organisiert alles selbst – günstig, aber risikobehaftet.
Fazit: Incoterms 2020 sind Pflichtwissen für jeden Logistiker
Wer im internationalen Handel unterwegs ist, sollte die Incoterms 2020 nicht nur vom Namen her kennen. Sie entscheiden über Haftung, Kosten und Verantwortung – und damit über das Gelingen deiner Supply Chain. Ob du als Einkäufer, Verkäufer oder Logistikverantwortlicher agierst: Die richtige Klausel spart Zeit, Geld und nervige Diskussionen.
In den kommenden Teilen unserer Serie gehen wir tiefer rein: Mit Fallbeispielen, Strategien für Verhandlungen und einem Ausblick auf mögliche Änderungen zu den Incoterms 2030. Stay tuned!
Hier findest du weitere Folgen aus dem neuen Format „Kurz, knapp & präzise“