304-Transportlogistik 2030 mit Gunnar Gburek von der Timocom

In dieser Folge haben wir Gunnar Gburek zu Gast – einen der erfahrensten Köpfe der europäischen Transport- und Logistikbranche. Seit über 30 Jahren bewegt er sich zwischen Fracht, Technologie und Digitalisierung und prägt als Leiter der Geschäftsentwicklung bei Timocom die Zukunft der Transportlogistik aktiv mit.

Gemeinsam mit Gunnar sprechen wir darüber,

  • welche drei Entwicklungen die Transportlogistik in den letzten Jahrzehnten nachhaltig verändert haben,
  • warum der Wegfall fester Frachttarife damals ein Schock – aber auch eine Chance war,
  • weshalb Standardisierung und Digitalisierung bis heute nur die halbe Strecke geschafft haben,
  • und welche Themen die Branche bis 2030 prägen werden – von Cyber Security und Fachkräftemangel bis hin zu Compliance und geschlossenen Frachtbörsen.

Gunnar gibt außerdem spannende Einblicke, wie sich die Rolle des Fahrers, der Spedition und der verladerseitigen Verantwortung verändern werden – und warum es künftig weniger um große, anonyme Netzwerke, sondern um vertraute Partnerschaften in geschlossenen Gruppen gehen wird.

Zum Abschluss sprechen wir über Vernetzung, Messekultur und warum Gunnar überzeugt ist, dass Netzwerke die beste Versicherung in einer volatilen Welt sind.

Transportlogistik 2030: Im Gespräch mit Gunnar Gburek von Timocom

Wie wird sich die Transportlogistik in den kommenden Jahren verändern? Diese Frage beschäftigt kaum jemanden so intensiv wie Gunnar Gburek, Leiter der Geschäftsentwicklung bei Timocom. Der studierte Betriebswirt begann seine Laufbahn im klassischen Speditionsumfeld, sammelte Erfahrungen im operativen Frachteinkauf und in der Disposition, bevor er in führende Positionen bei Logistikverbänden und Technologieunternehmen wechselte. In über drei Jahrzehnten hat er sich als Impulsgeber für Digitalisierung, Vernetzung und strategische Weiterentwicklung der Transportbranche etabliert.

In unserer Podcast-Folge sprechen wir mit Gunnar Gburek über Entwicklungen, die die Branche geformt haben, aktuelle Herausforderungen und die Trends, die den Markt bis 2030 neu definieren werden.

Rückblick: Drei Jahrzehnte Transportlogistik im Wandel

Wenn jemand die Entwicklung der Branche hautnah erlebt hat, dann Gunnar Gburek. Er erinnert sich an eine Zeit, in der feste Frachttarife den Markt bestimmten. Mit deren Wegfall begann die Ära des freien Wettbewerbs – ein Schock für viele, aber auch der Beginn einer neuen Effizienz. Unternehmen mit schlanken Strukturen konnten sich plötzlich behaupten und dynamischer reagieren.

Ebenso prägend: die Standardisierung. Von der Europalette bis zur Fahrzeuglänge hat sie die Basis für internationale Wettbewerbsfähigkeit gelegt. Doch laut Gburek ist der Weg noch nicht zu Ende:

„Gerade mit Blick auf neue Fahrzeugtechnologien und digitale Systeme müssen Standards ständig weiterentwickelt werden.“

Und dann ist da noch das Thema Papier. Während die Welt längst digital arbeitet, hält sich das Papier in der Logistik hartnäckig. Gunnar Gburek fordert ein radikales Umdenken: „Wir müssen lernen, Prozesse ohne Papier zu gestalten.“ Er betont, dass der Wandel hin zu papierlosen Prozessen kein Selbstzweck ist, sondern eine Voraussetzung für Effizienz, Nachhaltigkeit und Datensicherheit.

Der Umgang mit Dokumenten, Frachtbriefen und Lieferscheinen müsse sich aus seiner Sicht grundlegend verändern: weg vom physischen Beleg, hin zu durchgängigen digitalen Workflows. Das bedeute aber auch, die Mitarbeitenden mitzunehmen, alte Gewohnheiten zu hinterfragen und Vertrauen in digitale Abläufe aufzubauen. Nur so könne die Logistik die Potenziale der Digitalisierung wirklich ausschöpfen und gleichzeitig Fehlerquellen, Kosten und Zeitverluste deutlich reduzieren.

Gegenwart: Zwischen Cybercrime, Fachkräftemangel und KI

Cybercrime und digitale Sicherheit

Die heutige Transportlogistik ist digital, vernetzt – und verletzlich. Gburek spricht offen über die wachsende Bedrohung durch Cybercrime. Gestohlene Identitäten und manipulierte Auftragsdaten sind längst Realität:

„Die Kriminalität ist digital geworden, aber ihre Folgen sind physisch spürbar.“

Er fordert daher ein konsequentes Sicherheitsbewusstsein in der gesamten Lieferkette. Für Gburek beginnt Cyber Security nicht in der IT-Abteilung, sondern bei jedem Einzelnen im Unternehmen. Klare Prüfprozesse, Zwei-Faktor-Authentifizierung, Schulungen und die Sensibilisierung der Mitarbeitenden sind für ihn der Schlüssel. „Technische Systeme schützen nur so gut, wie die Menschen sie nutzen“, betont er. Unternehmen müssten lernen, Vertrauen und Kontrolle in Einklang zu bringen, um sich gegen digitale Risiken zu wappnen.

Fachkräftemangel und neue Rollenbilder

Parallel dazu verschärft sich der Fachkräftemangel – nicht nur bei Fahrern, sondern auch in der Disposition und Verwaltung. Für Gunnar Gburek ist das kein Grund zur Resignation, sondern eine Chance: „Wir werden den Beruf des Fahrers neu denken – technischer, sicherer und attraktiver.“

Er sieht die Zukunft des Berufs in moderner Fahrzeugtechnik, digitalen Assistenzsystemen und einer höheren gesellschaftlichen Wertschätzung. Berufsbilder werden sich verändern: Disponenten werden zu Datenmanagern, Fahrer zu hochqualifizierten Technikern auf der Straße. KI-basierte Tools in der Disposition oder Fahrerassistenzsysteme sind für ihn keine Bedrohung, sondern Entlastung – sie ermöglichen mehr Effizienz und gleichzeitig mehr Menschlichkeit im Alltag.

Künstliche Intelligenz als strategischer Partner

Gburek betont, dass KI in der Transportlogistik kein Selbstzweck ist. Entscheidend sei, wie sie eingesetzt wird: als Werkzeug, um Entscheidungen zu verbessern, Prozesse zu vereinfachen und Ressourcen gezielter einzusetzen. KI könne Routen optimieren, Leerkilometer vermeiden und Planungsfehler reduzieren. Doch er warnt auch: „Technologie ersetzt kein Verantwortungsbewusstsein.“ Nur wer KI versteht und sinnvoll integriert, kann sie zum Wettbewerbsvorteil machen. Für Gunnar Gburek ist sie damit nicht das Ende menschlicher Arbeit, sondern der Beginn einer neuen Art von Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine.

Ausblick: Transportlogistik 2030

Cyber Security & Compliance: Sicherheit als Wettbewerbsvorteil

Wenn Gunnar Gburek über die Zukunft spricht, hört man Zuversicht – aber auch Realismus. Die Transportlogistik 2030 wird nach seiner Überzeugung von tiefgreifenden Veränderungen geprägt. Der erste und vielleicht wichtigste Trend betrifft die Cyber Security & Compliance. Für Gburek ist sie kein IT-Thema, sondern eine Führungsaufgabe. Sicherheit müsse zur strategischen Grundvoraussetzung werden – von der Frachtbörse bis zur Lieferantenbewertung. Unternehmen, die hier keine Standards etablieren, verlieren Vertrauen und Marktanteile. Compliance bedeute, sich klar zu den eigenen Werten zu bekennen, Daten transparent zu verwalten und Risiken proaktiv zu managen.

Geschlossene Netzwerke: Vertrauen wird digitalisiert

Der zweite große Pfeiler ist der Wandel von offenen hin zu geschlossenen Logistiknetzwerken. Statt anonymer Frachtbörsen entstünden laut Gburek vertrauensbasierte, geprüfte Plattformen.

„Vertrauen wird digital abgebildet“,

sagt er und meint damit Systeme, die Partner, Prozesse und Fahrzeuge transparent zertifizieren. Diese Entwicklung werde die gesamte Marktstruktur verändern – hin zu kleineren, verlässlichen Ökosystemen, in denen Qualität über Preis steht. Wer künftig erfolgreich sein will, müsse Teil eines solchen Netzwerks sein und aktiv Beziehungen aufbauen.

Nachhaltigkeit & Antriebswende: Flexibilität als neue Währung

Ein weiterer Megatrend ist für Gburek die Antriebswende. Elektromobilität und alternative Energien werden die klassischen Kauf- und Nutzungsmodelle ablösen. „Flexibilität wird zur Währung“, sagt er. Leasingmodelle, Flotten-Sharing und intelligente Ladeinfrastrukturen verändern die Kostenstrukturen der Branche. Nachhaltigkeit sei dabei kein Marketinginstrument mehr, sondern eine Überlebensstrategie. Nur wer klimafreundlich und effizient zugleich arbeite, bleibe langfristig wettbewerbsfähig.

Rolle der Spedition: Vom Allrounder zum Spezialisten

Der vierte Trend betrifft die Spedition selbst. Der klassische „Allesanbieter“ wird nach Gbureks Ansicht aussterben. Die Zukunft gehört den Spezialisten, die mit klarer Positionierung, Zusatzleistungen und digitaler Transparenz überzeugen. Speditionen müssten verstehen, dass ihre Stärke in der Tiefe liegt – nicht in der Breite. Wer Prozesse versteht, Daten beherrscht und Servicequalität sichtbar macht, schafft Vertrauen und Differenzierung.

Europäischer Markt & Vielfalt: Logistik wird bunter – und klüger

Der fünfte Punkt betrifft den europäischen Markt und die zunehmende Vielfalt. Logistik werde internationaler, weiblicher und interkultureller. Das erfordere mehr Kommunikation, Empathie und Offenheit für neue Perspektiven. Für Gburek liegt darin kein Risiko, sondern eine enorme Stärke: „Je vielfältiger ein Team, desto besser versteht es den globalen Markt.“ Der europäische Binnenmarkt werde so zu einem Innovationsraum, in dem kulturelle Unterschiede zur Quelle neuer Ideen werden.

Gburek bringt es auf den Punkt:

„Der Unternehmer von morgen muss mehr Unternehmer sein als je zuvor.“

Gunnar Gburek: „Der Mensch bleibt das Zentrum der Logistik“

Trotz aller technologischen Fortschritte bleibt die Transportlogistik zutiefst ein People-Business. Auch wenn Sensoren, KI und Plattformen heute die Effizienz steigern, entscheidet am Ende immer noch der Mensch über Vertrauen, Kooperation und Erfolg. Prozesse lassen sich digitalisieren, aber Vertrauen, Erfahrung und Kommunikation sind keine Softwarefunktionen – sie sind gelebte Kultur.

Die Transportlogistik ist damit weit mehr als ein Netzwerk aus Maschinen und Daten. Sie ist ein Ökosystem aus Beziehungen, Verantwortung und gegenseitigem Verständnis. Unternehmen, die das erkennen, schaffen es, Technologie so einzusetzen, dass sie Menschen stärkt, nicht ersetzt. Das bedeutet: Führungskräfte müssen Soft Skills neu definieren – Empathie, interkulturelle Kompetenz und klare Kommunikation werden zum Wettbewerbsvorteil.

Ein weiterer Wandel zeigt sich in der zunehmenden Vielfalt der Branche. Immer mehr Frauen und internationale Fachkräfte prägen heute Speditionen, Lager und digitale Logistikunternehmen. Diese Diversität ist kein Zufall, sondern ein Zeichen einer kulturell reifenden Branche. Unterschiedliche Perspektiven fördern Innovation, verbessern Problemlösungen und machen Organisationen resilienter. Je breiter die Perspektive, desto besser die Lösung – ein Prinzip, das längst nicht mehr nur ein Zitat ist, sondern zur Leitlinie moderner Unternehmensführung wird.

Auch die Digitalisierung verlangt nach Menschlichkeit. Systeme allein schaffen keine Veränderung, wenn sie ohne Akzeptanz eingeführt werden. Echte Transformation entsteht dort, wo Technik und Kultur zusammenwirken – wo Mitarbeitende verstehen, warum der Wandel notwendig ist und wie sie ihn aktiv mitgestalten können. Eine offene Kommunikationskultur, kontinuierliche Weiterbildung und sichtbare Erfolge sind die Bausteine, mit denen Logistikunternehmen die digitale Evolution erfolgreich meistern können.

Netzwerk als Zukunftskompetenz

Am Ende des Gesprächs wird klar, was Gunnar Gburek antreibt: Austausch. „Netzwerk schadet nur dem, der keins hat“, sagt er – und dieser Satz steht sinnbildlich für seine Haltung zur Branche. Wenn er über Netzwerke spricht, meint er keine oberflächlichen Verbindungen, sondern ein echtes, gelebtes Ökosystem aus Vertrauen, gegenseitigem Lernen und Kooperation auf Augenhöhe.

„Netzwerk schadet nur dem, der keins hat“

Gburek beschreibt mit spürbarer Leidenschaft, wie sich Beziehungen in der Logistik über Jahre aufbauen, wie persönliche Begegnungen auf Messen oder bei Projekten Vertrauen schaffen, das in Krisenzeiten trägt. Sein Verständnis von Netzwerken geht weit über digitale Plattformen hinaus – es geht um Menschen, die sich aufeinander verlassen können, um Wissen, das geteilt wird, und um Partnerschaften, die durch offene Kommunikation entstehen.

Er erlebt, wie gerade in einer zunehmend digitalisierten Welt die persönliche Verbindung wieder an Bedeutung gewinnt: Ein Anruf, ein Handschlag, ein ehrliches Gespräch ersetzen kein Tool, aber sie geben Zusammenarbeit eine neue Tiefe. Gburek spricht davon, dass Netzwerke die stillen Motoren der Transportlogistik sind – sie treiben Innovationen an, eröffnen Perspektiven und machen Wandel erst möglich.

Wer ihm zuhört, spürt, dass dieser Gedanke nicht theoretisch ist: Er lebt das Prinzip, indem er Menschen vernetzt, Diskussionen anstößt und die Branche immer wieder zusammenbringt. Für ihn ist Netzwerken kein Selbstzweck, sondern die Grundlage dafür, dass die Logistik als Ganzes klüger, schneller und resilienter wird.

Für ihn sind Messen, Konferenzen und Podcasts die Plattformen der Zukunft: Orte, an denen Ideen geboren und Partnerschaften geschlossen werden. Und wer ihn kennt, weiß: Gunnar Gburek lebt, was er predigt.

Fazit: Die Zukunft der Transportlogistik ist vernetzt

Das Gespräch mit Gunnar Gburek zeigt eindrucksvoll, dass die Zukunft der Transportlogistik nicht in Visionen, sondern in konkretem Handeln liegt. Digitalisierung, Sicherheit und Nachhaltigkeit sind keine Gegensätze, sondern Bausteine eines neuen Selbstverständnisses der Branche.

Wer 2030 erfolgreich sein will, muss Technologie, Menschen und Netzwerke gleichermaßen verstehen. Oder wie Gburek es formuliert: „Wir müssen den Wandel gestalten, bevor er uns überrollt.“

Mehr zu Timocom: www.timocom.de
Gunnar Gburek auf LinkedIn: Profil ansehen

Weiterführende Episoden im Logistik Podcast 🎧

Wer noch tiefer in die Themen Digitalisierung, KI und vernetzte Lieferketten eintauchen möchte, findet in unseren Podcast-Folgen weitere spannende Einblicke:

Diese Episoden ergänzen das Gespräch mit Gunnar Gburek perfekt – sie zeigen, wie stark Technologie, Mensch und Netzwerk heute schon zusammenwirken, um die Transportlogistik von morgen zu gestalten.

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